Künstliche Intelligenz - Teil 1 - Der Blick in die Glaskugel
KI begenet uns ständig. ChatGPT & co. revolutionieren gerade die Welt, doch wie funktioniert KI eigentlich? In diesem Artikel steigen wir in das Thema KI ein.

Genug Bubatz, jetzt gibts wieder Sachthemen. Ich bin mir sicher, jeder von euch hat bereits ChatGPT ausprobiert. Wenn nicht? Unter https://www.bing.com/chat kann ChatGPT sowie DALL-E kostenlos genutzt werden. Unter https://chat.lmsys.org/ können verschiedene neuronale Netze ausprobiert werden und auch direkt verglichen werden. Die Ergebnisse dabei sind verblüffend! Oft fühlen sich Unterhaltungen mit der KI fast schon natürlich an. Die Antworten sind nicht selten exakt und gut formuliert. Stellenweise ist ChatGPT uns Menschen sogar überlegen. Studienarbeiten mit KI schaffen es stellenweise menschliche Mitbewerber auszustechen und sprachlich reicht sie längst den meisten Menschen locker das Wasser.[:] Und doch ist KI eines nicht: intelligent. KI ist, wie ich bereits in meinem Artikel „Es hat längst begonnen“ geschrieben habe, vor allem ein Werkzeug. Ein Tool, um Vorhersagen zu treffen.
Blick in die Glaskugel oder intelligentes Werkzeug?
Künstliche Intelligenz gibt es (noch) nicht. Was wir haben und oft als solche bezeichnen, das sind neuronale Netze, die wir miteinander verschränken und so aus einem Input (meist Text) einen Output (zum Beispiel Bilder oder Text) erzeugen. Dabei ist der Input der Ausgangspunkt für das neuronale Netz, um eine Vorhersage darüber zu treffen, was die Folge des Inputs sein könnte. Die neuronalen Netze sind also eigentlich Werkzeuge, um „in die Zukunft zu Blicken“.
Grob stellen sich dabei zwei große Problemfelder: Das neuronale Netz und wie es funktioniert und wie man dieses vor seiner Anwendung anlernt. In dieser Serie werde ich Stück für Stück diese Themenfelder aufgreifen und eine Erklärung und Einordnung der verschiedenen Bereiche geben.
Als Erstes ist ein grundlegendes Verständnis darüber nötig, wofür ein neuronales Netz eigentlich gedacht ist.

Muster erkennen und Vorhersagen treffen
Neuronale Netze füllen eine entscheidende technologische Lücke in der Welt der „künstlichen Intelligenz“. Sie ermöglichen es Maschinen, komplexe Muster und Zusammenhänge in Daten zu erkennen und zu lernen, die für traditionelle Algorithmen zu komplex oder subtil sind.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Algorithmen, die auf expliziten Anweisungen basieren, lernen neuronale Netze aus gigantischen Datenmengen heraus selbstständig. Sie passen dazu internen Gewichtungen an, um Vorhersagen zu treffen und diese Vorhersagen im Laufe der Zeit zu verbessern. Dieser Ansatz ermöglicht es ihnen, Aufgaben zu bewältigen, die als zu schwierig oder unmöglich für traditionelle Algorithmen galten, wie z.B. Bild- und Spracherkennung, natürliche Sprachverarbeitung und sogar künstlerische Kreationen, wie das oben zu sehende Titelbild dieses Beitrags.
Neuronale Netze sollen also Vorhersagen treffen. Anhand der nachfolgenden Beispiele möchte ich das etwas genauer erklären.
Im Folgenden ist ein Diagramm abgebildet. Das Diagramm zeigt die fiktiven Besucherzahlen je Wochentag für den schlimmsten Ort Nürnbergs: Der Bibliothek der Uni.
Sehen wir uns das Diagramm nun an, so erkennen wir direkt eine Tendenz: Am Freitag sind weniger Leute in der Bibliothek als an den anderen Werktagen. Samstag liegen die Studenten verkatert in der Ecke (Hier hilft Elotrans ©, der magische Feenstaub, der jeden Kater effektiv verhindert!) und am Sonntag fällt einigen ein, dass Montag früh ja Abgabe ist.
Die Frage, wann der Tag ist, an dem es am einfachsten ist einen Sitzplatz in der Bibliothek zu bekommen, dann kann anhand dieser Grafik wohl jeder sagen, dass dafür Freitag bis Sonntag ideal sind. Das ist eine Vorhersage. Anhand von Daten aus der Vergangenheit sind wir in der Lage, Muster zu finden, die eine Vorhersage über die Zukunft, also quasi einen kleinen Blick in die Glaskugel, erlauben. Wir können mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sagen, was wohl mal sein wird.
Stellen wir uns aber vor, dass die zugrundeliegenden Daten keine leicht verständliche Menge aus Wochentagen und dazugehörigen Besucherzahlen, sondern unvorstellbar große Datenbanken mit Millionen von Eintrögen sind, dann ist die Aufgabe, darin Muster zu finden, nahezu unmöglich. Neuronale Netze lösen dieses Problem und füllen damit die bisherige technologische Lücke, die derartige Probleme hinterlassen haben.

Einsatzgebiete
Neuronale Netze können einige Aufgaben erledigen, die bisher nicht oder nur schwerlich möglich waren:
- Bilderkennung: Von der Gesichtserkennung in Smartphones bis hin zur autonomen Fahrsteuerung, neuronale Netze sind perfekte Werkzeuge, um Objekte und Muster in Bildern zu identifizieren und zu klassifizieren.
- Sprachverarbeitung: Ob Spracherkennung in Sprachassistenten oder maschinelle Übersetzung, neuronale Netze ermöglichen es Computern, menschliche Sprache zu interpretieren und zu generieren.
- Textanalyse: Sentimentanalyse, Themenmodellierung und automatische Zusammenfassung von Texten sind nur einige Beispiele dafür, wie neuronale Netze wertvolle Informationen aus unstrukturierten Textdaten extrahieren können.
- Empfehlungssysteme: Ob personalisierte Produktvorschläge auf Online-Plattformen oder die Erstellung von Musikplaylists - neuronale Netze lernen aus Nutzerverhalten und Präferenzen, um relevante und ansprechende Empfehlungen zu liefern.
All diese Anwendungen erfordern prädiktive Modellierung. Wie wir gelernt haben, können neuronale Netze historische Daten analysieren, um zukünftige Ereignisse vorherzusagen und fundierte Entscheidungen zu treffen.
Probleme
Ein Wundermittel für alle Anwendungsfälle sind neuronale Netze aber bei weitem nicht. Sie haben signifikante Nachteile zu klassischen Systemen, die denkbare Anwendungsfälle für neuronale Netze reduzieren.
- Datenabhängigkeit: Neuronale Netze erfordern große Mengen an Trainingsdaten, um zuverlässige Ergebnisse zu erzielen. Das Sammeln und Aufbereiten dieser Daten kann teuer und zeitaufwändig sein. Oft sind hiermit auch urheberrechtliche Probleme verknüpft. Zudem wirken sich Fehler in den Trainingsdaten auf das fertige neuronale Netz aus.
- Erklärungsdefizit: Die "Black-Box"-Natur neuronaler Netze kann es schwierig machen, zu verstehen, wie sie zu ihren Entscheidungen kommen. Dies kann zu Bedenken hinsichtlich der Ergebnisse führen und verhindert womöglich den Einsatz in mancherlei Anwendung.
- Rechenleistung: Das Training und die Ausführung komplexer neuronaler Netze erfordert erhebliche Rechenleistung. Sie sind daher nicht für jede Anwendung wirtschaftlich und erfordern größere Investitionen als klassische Systeme.
- Verallgemeinerungsproblem: Ein neuronales Netz kann zwar nach dem Anlernen, wenn es erneut mit seinen Trainingsdaten konfrontiert wird, sehr gute Ergebnisse erzielen, aber wenn es mit Daten konfrontiert wird, die es noch nie zuvor gesehen hat, kann seine Leistung stark abfallen. Dies kann zu gravierenden Fehlern in realen Anwendungen führen.
Im nächsten Teil...
In diesem Teil haben wir uns die Anwendungsfälle und den Nutzen von neuronalen Netzen angeschaut. Warum das ganze keine Magie ist, das werden wir im nächsten Teil sehen.