Halt Stopp! Das bleibt alles so wie's hier ist
1:0 für Generation 50+ und die Jugend hat mal wieder das Nachsehen. Selten war Politik so frustrierend wie in diesen Tagen.

Die Bundestagswahl ist jetzt einige Tage her, doch die Ergebnisse lassen mich sprachlos zurück. Einen Aufbruch wollten die Menschen. Einen Wechsel, eine Erneuerung, einen Schritt vorwärts. Doch bekommen haben wir davon bisher: nichts! Seit inzwischen Jahren protestiert die deutsche Jugend für echten Klimaschutz, gehen tausende auf die Straße, bittet die, die an den Hebeln der Macht sitzen, endlich aktiv zu werden.[:] Bisher erfolglos, denn das würde ja schließlich tatsächlich Veränderung bedeuten.

Der Handel mit der Zukunft Deutschlands
Während Laschet (wer ihn noch nicht kennt: Hey, Herr Laschet, wie wird man Kanzlerkandidat der Union?) weiterhin Anspruch auf das Kanzleramt erhebt[:], verhandeln Grüne und FDP über eine mögliche Koalition[:]. Für Prognosen zu eventuellen Koalitionen (bitte nicht schon wieder GroKo!) ist es mir derzeit zu früh. Doch wie kam es überhaupt so weit, dass die Klimawahl zu einer echten Gefahr für die Zukunft unseres Landes wurde?
Schauen wir uns dazu mal ein paar Daten an: Nachfolgenden sind die Stimmanteile nach Altersgruppen aufgeschlüsselt. Auf den ersten Blick ist erkennbar, dass die jungen Leute hauptsächlich Grüne und FDP gewählt haben. Die alten Leute Union und SPD.
Die Gründe hierfür sind für mich klar: Die Grünen sind die einzige Partei, die derzeit effektiven Klimaschutz und Digitalisierung glaubhaft vermitteln. Die FDP versucht dies, ist dabei allerdings in ihrer Methodik nicht genau und aus meiner Sicht auch nur sehr bedingt glaubwürdig.[:] Im Ergebnis ist sich die Jugend aber einig: Es soll nicht weiter gehen wie bisher!
Erneuerung durch Generation 50+?
Doch warum scheint sich der Wunsch der Jugend nach Erneuerung nicht wirklich durchzusetzen? Das Problem liegt in der deutschen Demografie. Deutschland ist ein Land der Rentner. Jeder zweite Deutsche ist älter als 45 und jeder fünfte älter als 66.[:] Das wirkt sich natürlich auch ungünstig auf das Wahlergebnis aus. Alle Wähler unter 50 Jahren zusammen machen gerade mal 42,2% der gesamten Wählerschaft aus. Anders ausgedrückt: Die, die statistisch weniger als 30 Jahre unter den Lebenden verweilen werden und damit aller Wahrscheinlichkeit nach die Folgen ihrer Wahl kaum noch erleben werden[:], bestimmen am Ende über die, die noch ihr ganzes Leben vor sich haben.
Mit dem Alter kommt Weisheit?
Man könnte jetzt den erbärmlichen Versuch unternehmen und behaupten, dass mit dem Alter auch Weisheit käme, aber erfahrungsgemäß ist das selten bis nie der Fall. Aus Lebensjahren auf der Erde erwächst selten ein großer Erfahrungsschatz, der bei politisch relevanten Fragen von nutzen ist. Die Generation über 50 hat wenige digitale Kompetenzen, ist nicht mit Facebook, Twitter und Instagram, sondern mit dem Faxgerät aufgewachsen und hat einen engeren Bezug zum Wählscheibentelefon als zum Smartphone. Zumindest ist das die traurige Bilanz der Politik, die diese Generation seit vielen Jahrzehnten wünscht und wählt. So auch dieses Mal. So bestürzt es mich zwar sehr, dass menschgewordenes Bakelit wie Thorsten Frei es tatsächlich wieder in den Bundestag geschafft hat, aber verwundern kann es mich angesichts dieser Hintergründe nicht.
So verhält es sich leider auch bei dieser Wahl. Die Angst der Älteren davor, dass sie etwas in ihrem Leben verändern müssten, führte am Ende dazu, dass die Union ohne echtes Wahlprogramm mit dem Motto „Halt Stopp! Das bleibt alles so wie's hier ist!“ eine große Menge Menschen tatsächlich zur Wahl der Union mobilisieren konnte. Völlig außer Acht blieben dabei die Themen, die meine Generation in Zukunft belasten werden: Klimawandel, Digitalisierung, Außenpolitik Richtung China, Transformation der Wirtschaft, etc. Jungen Menschen spricht man die Reife ab, zu beurteilen, wohin Deutschland politisch gehen muss. Alte Menschen haben bewiesen, dass ihnen hingegen der Wille fehlt, dass Deutschland sich überhaupt bewegt. Möglicherweise ist es an der Zeit ein Höchstwahlalter einzuführen.