Kirche gegen Frauenrechte
Wie die Fusion von evangelisch und katholisch Zeitreisen ermöglicht und gleichzeitig Frauen grundlegende Rechte entzieht.

In dem nordrhein-westfälischen Lippstadt fusionieren zwei Krankenhäuser. Aus dem Evangelischen Krankenhaus (EVK) und dem Dreifaltigkeits-Hospital (DFH) wird das Klinikum Lippstadt.[:] Wie von Zauberhand ermöglicht die Fusion eine Zeitreise. Eine Zeitreise zurück ins ideologische Mittelalter, in dem Frauen grundlegende Rechte über ihren eigenen Körper nicht zugestanden werden.
Was war passiert?
Mit der Fusion der beiden Kliniken setzte sich die Ideologie der katholischen Seite durch. In der Folge wurden dem Chefarzt von Gynäkologie und Geburtshilfe, Herrn Prof. Dr. med. Joachim Volz, verboten, medizinisch gebotene Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. So darf der Mediziner keine Schwangerschaftsabbrüche, wenn für die Schwangere die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes besteht, mehr durchführen. Eine solche medizinische Indikation liegt beispielsweise vor, wenn die Schwangerschaft das Resultat sexueller Gewalt ist oder bei bekannten schwersten Behinderungen des Kindes. Lediglich Schwangerschaftsabbrüche in absoluten Notfällen bei direkter Bedrohung des Lebens der Schwangeren durch die Schwangerschaft sind weiterhin erlaubt.[:]
An Dreistigkeit kaum zu überbieten ist das Verbot des neuen Arbeitgebers gegenüber Professor Volz, selbst in dessen eigener Praxis, dem mit seiner Frau geleiteten Kinderwunschzentrum FROG mit kassenärztlicher Zulassung in Bielefeld, solche Eingriffe vornehmen zu dürfen.[:] Die Verantwortung für diese Entscheidung indes will niemand wirklich übernehmen.
„Alle sehen sich als Opfer einer Doktrin, inklusive des Richters und meines Geschäftsführers. Denn wenn man ein bisschen Respekt vor dem Leben einer Frau hat, dann kann man nicht dagegen sein. Aber man muss kein Opfer sein, man kann sich auch dagegen stemmen und auf seine eigene Menschlichkeit hören. Und vielleicht schafft es die katholische Kirche ja doch noch, zumindest die medizinische Indikation anzuerkennen.“ - Prof. Dr. med. Joachim Volz
Frauenrechte vs. Glaube
Denknotwendig schließen sich an diese Vorkommnisse nicht nur juristische Fragen, sondern auch solche der Gewichtung der Rechte von Frauen im Verhältnis zu den veralteten Glaubenssätzen eines patriarchalisch geprägten Kults an.
In dem neu entstandenen Krankenhaus „Klinikum Lippstadt“, finanziert aus Staatskasse und nicht, wie man vermuten möchte, aus Kirchengeldern, wurde hierzu, ohne Beteiligung der Ärzteschaft oder der betroffenen Personengruppen (Abschließende Liste hierzu: gebärfähiger Teil der Bevölkerung) eine Entscheidung getroffen, die an das finstere Mittelalter erinnert.

Ein Rechtsstreit, der wegweisend sein wird
Nachdem keine Einigungsbereitschaft seitens der katholischen Seite besteht, muss nun der ganz weltliche Rechtsweg bestritten werden. Der engagierte Mediziner klagt nun vor dem Arbeitsgericht gegen diese Dienstanweisung. Vertreten durch den Herrn Kollegen Rechtsanwalt Dr. Till Müller-Heidelberg geht es in diesem wegweisenden Prozess um nichts Geringeres als Grundrechte in Deutschland.
Darf Kirchenrecht staatliche Aufgabenerfüllung aufgrund einer patriarchalischen veralteten Ideologie einschränken? Das wird die Kernfrage dieses Prozesses werden. Stehen Regeln einzelner Religionsgemeinschaften, insbesondere solcher, die Frauen systematisch von Entscheidungen ausschließen, über dem weltlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland und der Freiheit und Gesundheit der Individuen in diesem Land?

Ideologie gegen Frauen
Der ganze Vorfall muss der Beginn einer gesellschaftlichen Debatte sein. Einer Debatte darüber, wie weit der Einfluss der Kirchen reichen darf und eine Debatte darüber, wie wir als Gesellschaft Frauen wahrnehmen wollen. Sehen wir in Frauen Gefäße für die Geburt von Nachwuchs um jeden Preis oder gleichberechtigte Menschen? In letzterem Fall muss der Einfluss der Kirchen dort enden, wo die Rechte des Einzelnen Menschen beginnen. Jedenfalls eines ist klar: Das, was am Klinikum Lippstadt passiert, gleicht einer Reise in die Vergangenheit. Völlig zu Recht bezeichnete der Mediziner daher die Vorgaben der katholischen Seite als
„[...] frauenverachtende, menschenverachtende und verknöcherte Ideologie". - Prof. Dr. med. Joachim Volz
Wer den Prozess finanziell unterstützen will, der findet bei https://pro-choice.de/ alle nötigen Informationen.